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Peru, Andenregion

Datum: Jul. 2000

Gebiet: Laguna de Los Condores,  Anden-See auf 4000 Meter Höhe

Typ: Survey

Ziel: Suche nach Votivgaben des Chachapoya-Stammes

Projektleitung: Stefan Austermühle und Dr. Klaus Storch

Projektpartner: Mundo Azul
Veröffentlichungen:

  • Luck, W. 2001.  2001. Der Schatz der Wolkenkrieger. Deutsche Archäologen auf Andenexpedition. WDR. Siehe Ausschnitt >
  • Stolpe, A. M. 2002. Die Chachapoyas. Eine verlorene Kultur im Amazonischen Berg-Regenwald der Anden. In: SKYLLIS 4.1., S.66-71. Pretzfeld.



Die Chachapoya, eine verlorene Zivilisation im Amazonischen Berg-Regenwald der Anden

Verfasser: Dr. Andreas M. Stolpe

Auf eine spektakuläre Expedition im peruanischen Bergregenwald begab sich ein DEGUWA-Forschungsteam, um nach Spuren des Chachapoya-Stamms zu suchen. Mit Tauchausrüstung und High-Tech-Suchsonden auf Pferde und Mulis gepackt, wurde die Laguna de Los Condores aufgesucht, die als Opfersee der "Wolkenkrieger" gedient haben mochte.


 

Historie der Entdeckung der Chachapoya-Zivilisation

Im Jahre 1843 proklamierte der Peruaner Juan Crisostomo Nieto die Entdeckung von Kuelap, einer kolossalen Ruinenanlage, versteckt im Berg-Regenwald in den Amazonischen Anden. Diese pre-Columbianische Festungsanlage steht der berühmten Inka-Festung Machu Picchu an Größe in keinster Weise nach und ist auch nicht weniger gut erhalten. Die Erbauer der Anlage blieben jedoch lange Zeit ein Rätsel. Archäologische Forschung zeigte, daß Kuelap in der Zeit von 800 bis 1500 n. Chr. bewohnt war. Die Bewohner gehörten zu mehreren lokalen Kulturen, die unter dem Namen Chachapoya zusammen gefaßt wurden. Um 1500 wurden die Chachapoya durch das Inka-Imperium unterworfen. Dieser Umstand konnte durch Keramikfunde aus der Inka-Kultur belegt werden.

 
Nach 1535 halfen die Chachapoya den spanischen Konquistadoren bei der verlustreichen Unterwerfung der Inka, in der Hoffnung, dadurch ihre Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht. Nach Forschungen durch den Peruanischen Historiker Waldemar Espinoza wurden 1572 die letzten verbliebenen Chachapoya durch die Spanier aus Kuelap vertrieben und in weniger gut zu verteidigende Gegenden umgesiedelt. Ein Teil von Kuelap wurde damals von den Spaniern eingerissen und damit verschwand die Festung und auch die Chachapoya für lange Zeit aus dem Bewußtsein der Menschen.
 

1996 wurde ein Tagesritt von Leimebamba (Peru) entfernt bei der Abholzung des Berg-Regenwaldes eine der bemerkenswertesten Entdeckungen in der Chachapoya –Archäologie gemacht. An einer steilen Felswand, die über der Laguna de los Condores lag, wurden Chullpas entdeckt. Chullpas sind aus verputztem und bemaltem Mauerwerk bestehende Mausoleen. In diesen Mausoleen wurden über 200 Mumien der Chachapoya gefunden. Die Mausoleen waren, nachdem sie verputzt und weiß getüncht wurden, mit roten Ornamenten verziert. In der Kultur der historischen Anden-Indianer ist die Farbe Rot das Symbol für den Tod. Die in den Chullpas gefundenen Mumien waren durch eine spezielle Prozedur konserviert worden. Nach der Mumifizierung hat man sie in eine Art Embryonalhaltung verschnürt, in mehrere Lagen Tuch gehüllt, und schließlich eingenäht. Die mumifizierten Chachapoya sind von weit aus größerer Statur als die heute dort lebenden Bewohner der Andenregion. Diese Tatsache wird in alten historischen Texten der Spanier wiederholt erwähnt. Sie haben häufig eine blaue Augenfarbe und helle Haut. Die Inka fürchteten die Chachapoya nicht nur wegen deren physischen Überlegenheit, sondern auch wegen deren Grausamkeit und ihre an die Bergregion perfekt angepaßte Kriegstechnik. Dennoch konnten die Chachapoya auf Dauer nicht der Übermacht der Inka standhalten.

 
 

In den Chullpas waren zahlreiche Grabbeigaben zu finden. Es wurden neben Tongefäßen auch Textilien, Leder, Federschmuck, Knochen mit Gravierungen, Muscheln, Feuer-gravierte Kürbisse, Schmuck aus Bronze, Silber und Gold und mehrere intakte Khipu (Texte in Knotenschrift) gefunden.

Die Entdecker der Gräber verwüsteten die Anlagen um nach wertvollem Edelmetall zu suchen und zerstörten dabei unwiederbringlich viele Kulturschätze. Der Fund der Reichtümer führte schnell zum Streit unter den Grabräubern, wodurch schließlich die Polizei und Archäologische Ämter darauf aufmerksam wurden. 1997 konnte Peter Lerche vom Instituto National de Cultura die Funde aus dem Mausoleum inventarisieren. Er wurde kurz darauf vom Archäologen Frederico Kauffmann Doig, Fernsehteams und Journalisten gefolgt. Der nun einsetzende Tourismusboom führte zu unbeaufsichtigten Besuchen von Touristen, die durch die Anlagen liefen, historische Spuren verwischten und "Souvenirs" mit nach Hause nahmen. Was von den Grabräubern nicht zerstört wurde, lief nun Gefahr, durch die Touristen letztendlich vernichtet zu werden. Im Juli 1997 wurde schließlich die Laguna de los Condores durch den Einsatz von Adriana von Hagen und der Anthropologin Sonia Guillén zur zona en emergencia erklärt und damit nur autorisierten Forschergruppen zugänglich gemacht. Mit der finanziellen Unterstützung vom Discovery Channel konnten sie so die Bergung und Konservierung der verbliebenen Mumien und Artefakte beginnen. Im Moment werden die Mumien und Artefakte im Museum in Leimebamba durch Sonia Guillén bearbeitet und wissenschaftlich ausgewertet.


Die DEGUWA-Expedition und ihre Ergebnisse


In Zusammenarbeit mit der Peruanischen Umweltschutz Organisation Mundo Azul hatte die DEGUWA im Juli 2000 die Möglichkeit einen Survey in der Laguna de los Condores durchzuführen. Die Aufgabe war es, erste Grundlagen für eventuelle weitere Forschungen in der Laguna zu legen. Es sollte herausgefunden werden, wie die geographischen Bedingungen der Laguna beschaffen sind und ob Anzeichen von pre-Columbianischer Besiedlung auch Unterwasser nachgewiesen werden können.



Ausschnitt von:  
 
Deutsche Archäologen
auf Andenexpedition

(WDR 2001, 30 min.)


 Ein Film von Wolfgang Luck
[a&obuero]
Kamera: Michael Lange
Schnitt: Dorothee Plass
Ton: Jens Grumpelt
Redaktion: Barbara Alexander,
Birgit Keller-Reddemann,
Helmut Grosse [WDR]
 
       
   
Das DEGUWA Tauchteam (Foto
: K. Storch)

Die Arbeiten wurden mit einem Sonarsystem durchgeführt (SOSO Sonartechnik, Jena), welches im tiefen Wasser der Lagune, als auch im Nahbereich von nur wenigen 10 cm arbeitet. Durch Frequenzmodulation ist es mit dem Sonar möglich, gleichzeitig Tiefenprofile als auch Oberflächenprofile des Seeuntergrundes zu erfassen. Durch systematische Messungen von der Seeoberfläche aus konnte so ein erstes vielversprechendes Bild von der Laguna de los Condores erhalten werden. Das südöstliche Ufer, wo auch die Mausoleen in den Fels gebaut wurden, setzt sich so steil wie es über Wasser erscheint, auch Unterwasser fort, bis auf eine Tiefe von ungefähr 60 m. Im unteren Bereich der Steilwand ist eine Geröllschleppe zu finden.
 

Der Seegrund besteht aus einer mehrere Meter dicken Sedimentschicht. Das Sediment ist aus vorwiegend organischem Material, das durch Eintrag von pflanzlichem Material der Ufervegetation stammt. Die Unterwasser liegenden Felswände sind sehr steil und zeigen mit wenigen Ausnahmen kaum Ablagerungen von organischem Material. Artefakte waren in den untersuchten Bereichen nicht auf den Felsvorsprüngen zu finden. Einzig ein Stapel unbearbeiteter, flacher, Handteller-großer Steintafeln, welche sich in einer horizontalen Felsaushöhlung in ungefähr 15 Meter Tiefe befanden, läßt die Vermutung zu, durch Menschen hier plaziert zu sein. Die Steintafeln waren aus einem anderen Gestein als der darüber liegende Fels. Außerdem ist es physikalisch unmöglich, daß diese Steintafeln durch Zufall von darüber liegenden Felsformationen dorthin herabgefallen sein können. Wie allerdings der Stapel Steintafeln in 15 Meter Wassertiefe aufgehäuft worden sein kann, ist mit den momentan vorliegenden Daten nicht zu erklären. Die Bedeutung dieser Steintafeln ist nicht klar. Es sind bisher keine ähnlichen Funde bekannt. An Gebäuden der Chachapoya wurden häufig Steintafeln verwendet um querliegende Rautenornamente darzustellen. Diese Steintafeln waren aber in der Regel bedeutend größer als die Unterwasser gefundenen Steintafeln.

Weiterhin wurde ein Tiefenwasser-Survey unter Nutzung eines Echosounders durchgeführt. Die Chance, Artefakte mit dem Echosounder in 60 m Tiefe zu finden, war recht gering und Taucher-gestützte Erkundung wurde nicht in diesem Tiefenbereich durchgeführt. Gleichwohl könnten Artefakte unter einer dicken Schicht Sediment verborgen sein. Am nördlich liegenden Abfluß des Sees konnten Sonardaten verschiedene Sedimentschichten mit unterschiedlicher geologischen Eigenschaften nachweisen. Hierbei ist es nicht auszuschließen, das es hierbei um ein älteres, inzwischen versandetes Flußbett des Sees handelt. Ob der Flußlauf durch die Chachapoya reguliert wurde, läßt sich aus diesen Daten nicht ersehen, ist aber auch nicht unwahrscheinlich.

Untersuchungen des Ufers welches der Steilwand gegenüber liegt, unterhalb der Ruine einer Zitadelle aus Chachapoyazeiten, brachten keine Erkenntnis über zivilisationsbedingte Artefakte. Es ist allerdings auf Grund der an Land gefundenen Hinweise nicht unwahrscheinlich, daß während der Periode der Besiedlung der Region durch die Chachapoya einige Artefakte beabsichtigt oder unbeabsichtigt in die Laguna gelangt sind.

Bei der Bewertung dieser Daten hilft es zu wissen, daß die Anden in einer Zone hoher Geodynamik liegen. Durch die Subduktion der Nasca-Platte unter die Südamerikanische Kontinentalplatte kommt es zur Aufdomung der bis zu 4000 m hohen Andenkette. Erdrutsche sind in dieser Region recht häufig. Das Abrutschen großer Gesteinsmengen kann ja auch anhand der Sonardaten festgestellt werden. So sind massive Gesteinsschütten am Fuße des "Kondor-Felsen" zu finden. Der Ursprung dieser Gesteinsmassen ist anhand von großen Läsionen im darüber befindlichen Fels zu erkennen. Durch so einen Erdrutsch im Bereich des Ablaufs des Sees könnte es zu einer Aufstauung des Wassers gekommen sein. Das könnte eine mögliche Erklärung für die Fundstelle der Steintafeln liefern und begründen, warum das Flußbett früher tiefer gelegen haben mag.

 

Abschließende Bewertung


Peru ist ein Land mit langen Perioden fortgeschrittener Zivilisation und Kultur. Über Jahrtausende sind in diesem Land viele hochentwickelte Kulturen entstanden und untergegangen. Das Land ist reich an einer Vielzahl von Stätten, die leicht durch Landarchäologie erschlossen werden können. Mehr noch, es ist momentan dringlich erforderlich, diese relativ leicht zugänglichen Kulturgüter gegen Grabräuberei und Zerstörung durch Touristen und Souvenirjäger zu schützen. Deswegen ist es dringlich geboten zuerst diese gefährdeten Stätten zu schützen und zu erforschen, bevor Material-intensive Erforschung von abgelegenen Bergseen angestrebt wird. Nichtsdestotrotz bieten diese Seen die Möglichkeit aufsehenerregende Funde zu machen, da organische Artefakte im anaeroben Sediment eines solchen Sees gut erhalten würden.
Die Mausoleen an der Laguna de los Condores sind inzwischen in fachmännischer Betreuung, aber dieses Mausoleum ist nur eines von mehreren in nur dieser speziellen Region. Viele Mausoleen sind noch gar nicht entdeckt oder nicht den offiziellen Ämtern bekannt. Ich sehe momentan die dringlichste Aufgabe darin, mittels Landarchäologie diese Stätten zu lokalisieren und dort zu forschen, da dadurch im Moment hier mehr erhalten, geforscht und der Zerstörung durch Grabräuberei entgegengewirkt werden kann, als es durch Unterwasserarchäologie möglich wäre.


Weiterführende Literatur

  • Muscut, K. 1998. Warriors of the Clouds: a lost civilization in the upper Amazon of Peru. University of New Mexico Press.
  • Cavatrucini, C. 1983. I Chachapoya del Peru Settentrionale: Archeologia e Storia. In: Antisuyo, ultimo sogno Inca. Pp. 99 – 107. Venice: Mirano.
  • Corbero Valdiva, H. 1987. Estudio del Suelo y Delimitacion del Area de Protection y Reserva del Complejo Arqueologico de Kuelap. MS . Chachapoyas: INC Amazonas.
  • Davis, M. 1985. Chachapoyas: The Cloud People: An Anthropological Survey. Monetville, Ontario, Canada (Self-published).
  • Lerche, P. 1986. Häuplingstum Jalca: Bevölkerung und Resourcen bei den vorspanischen Chachapoya; Peru. Berlin: Dietrich Reimer Verlag.
  • Lerche, P. 1995. Los Chachapoya y los Simbolos de su Historia. Lima: Servicios Sitoriales Cesar Gayoso.
  • Lerche, P. 1996. Chachapoyas, Guia de viajeros. Lima: Intigrafica Cesar Gayoso.
  • Muscutt, K. et al. 1993. Vira Vira: A "New" Chachapoyas Site. Wilson WY: Sixpac Manco Publications.
  • Muscutt, K. et al. 1994. Vira Vira: A "New" Chachapoyas Site. In: South American Explorer 39: 5-30.
  • Ruiz Estrada, A. 1985. Los Monumentos Arqueologicos de Leimebamba. In:  Boletin de Lima 7:42: 69-82.
  • Schjellerup, I. 1992. La agricultura prehispanica en sl territorio de la Provincia de Chachapoyas, Departmento de Amazonas, Peru. In: Revista del Museo de Arqueologia 3: 142-157. Trujillo.
  • Schlellerup, I. 1997. Incas and Spaniards in the Conquest of the Chachapoyas, Archaeological and Ethnohistorical Research in the North-eastern Andes of Peru. GOTARC, series B, Gothenburg Archeological Theses, 7. Göteborg University.
  • Von Hagen, A.; Guillén, S. 1997. Tombs with a view. Archaeology 51(2): 48-54.
 
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