Frankreich, Korsika
Datum: Okt. 2003, Okt. 2005
Gebiet: Punta di Rondinara, Passage zwischen den Inseln Lavezzi und Cavallo und die Bucht von Santa Manza
Ziel: Suche von römischen Wrackstellen, Auswertung von neuzeitlichen Keramikfunden und Bergung eines spätrepublikanischen Ankerstocks für das Museum von Sarténe.
Typ: Prospektion und Ausgrabung
Projektleitung: Dr. Hanz Günter Martin
Projektpartner: DRASSM
Veröffentlichungen:
- Galasso, M. Keramik aus dem Golf von Santa Manza (Südost-Korsika), in: SKYLLIS 4.2. 2001 (Pretzfeld, 2004) S. 192-196. zum Artikel >
- Martin, H.G. Korsika 2003: Vorbericht zu einer Campagne der DEGUWA, in: SKYLLIS 5.2. 2002 (Pretzfeld, 2005) 156-165.
Kurzberichte:
Fotogalerien:
Kurzbericht: Korsika 2003
Verfasser: Dr. Hanz Günter Martin
Im Oktober 2003 unternahm die DEGUWA eine 14tägige Kampagne vor der Südostküste Korsikas. Das Team bestand aus den DEGUWA Mitgliedern: Barbara Ditze, Mario Galasso, Frank Lappe, Frank Lechner, Jürgen Nickel, Michael Rauter, Wolfgang Schultheis, Günter Waigand, Peter Winterstein und Alfred Zeischka. Es wurden drei Fundplätze zur näheren Untersuchung ausgewählt:
1. Punta di Rondinara
2. Passage zwischen den Inseln Lavezzi und Cavallo
3. Bucht von Santa Manza
Punta di Rondinara
Angetrieben wurde sie durch eigens für dieses Projekt von DEGUWA Mitglied Diplomingenieur Andreas Haardt und Ingenieuren der Firma Grundfos entwickelten Titanmotorpumpen, die die Pumpe auch schließlich herstellte und der DEGUWA zum Gebrauch überließ.
In der Sondage haben wir nicht weiter spezifische Metallteile eines relativ modernen Schiffes gefunden. Römisches tauchte hier nicht auf. Die Sondage musste dann auch wegen schlechten Wetters abgebrochen werden.
Passage zwischen den Inseln Lavezzi und Cavallo
Bucht von Santa Manza
Wir haben die Gegend wieder mit dem Sedimentsonar der Firma SoSo Jena vermessen und an einer durch die Auswertung der Daten bestimmten Stelle einen Suchschnitt angelegt. Die Abtragung der Oberfläche erfolgte mit einem von Günther Weigand gebauten Airlift, der zunächst ein zügiges Fortkommen ermöglichte. Im weiteren Verlauf wurde dann händisch gegraben. Die Sondage ergab sofort reiche Ausbeute, in dem nur sechs mal zwei Meter großen Suchschnitt erbrachten die gut zwei Tage Grabung über 250 Fundnummern. Wir können damit auch in Verbindung mit den weiteren Sonardaten mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich hier nicht um zufällig verteiltes Material handelt sondern wir vielmehr unter dem Sand mit der Anwesenheit eines Wracks oder zumindest mit dem größeren Anteil der Ladung rechnen müssen. Die Stelle, wo wir das Wrack (wie ich es unvorsichtigerweise einmal nennen möchte) angeschnitten haben, enthielt ganz überwiegend Fragmente des bereits bekannten Schalentyps. Gruppierende Unterschiede lassen sich nur im Dekorationssystem feststellen und wir haben daher als Arbeitsgrundlage die Schalen in Familien eingeteilt, die nach jeweils einem charakteristischen Merkmal, benannt sind, wie Vogel, Büsche,Windrad etc.
Zunächst müssen wir aber nach Santa Manza zurückkehren und den ganzen Befund sauber untersuchen, um einerseits die Materialbasis zu verbreitern und andererseits nach weiteren Hinweisen zur Datierung dieser Keramik zu suchen. Ein hoffnungsvolles Stiftchen dieses Puzzles haben wir schon; mitten unter der Keramik, also nicht an der Oberfläche wurde ein Stück Holz gefunden, dass eindeutig Schiffsholz ist, den Rest suchen wir noch.
Danksagungen
Kurzbericht: Korsika 2005
Verfasser: Dr. Hanz Günter Martin
Ende September Anfang Oktober hat die DEGUWA in der Bucht von Santa Manza auf Korsika eine Grabungskampagne durchgeführt. Zwei Jahre zuvor war der Platz zum ersten Mal von der DEGUWA untersucht worden.
Wir hatten eine Menge von kleinen Tellern oder flachen Schüssel gefunden, die sich als toskanische Keramik aus der Zeit von 1750 bis 1830 herausstellte und für die der Name catinelle belegt ist (vergl. Skyllis 5.2, 156- 65). Damals konnte die Frage noch nicht endgültig beantwortet werden, wie die Keramik an diesen Platz gekommen war. Handelte es sich um einen Schiffsuntergang, war also ein Wrack zu vermuten, oder waren die Teller zufällig dort entsorgt worden? Wir hatten seinerzeit einen einzigen Suchgraben angelegt, der zwar bestätigte, dass die Streufunde dort eben nicht zufällig lagen, sondern eine höhere Konzentration vorlag, aber die Ausdehnung des Fundplatzes konnte damit noch nicht geklärt werden.
Vor den eigentlichen Ausgrabungen sind deshalb Dr. Klaus Storch und ich nach Santa Manza gefahren, um die Gegend gründlich mit den Sedimentsonar zu untersuchen. Die Sonarfahrten haben trotz teilweise heftigen Regens hervorragende Ergebnisse erbracht. So konnten wir nicht nur die Ausdehnung der Ladung genau erfassen, sondern es wurde auch klar, dass neben der Ladung einst das Schiff lag. Somit war klar: Es gab ein Schiff, welches an dieser Stelle unterging. Es war gekentert und hatte seine Ladung über den Meeresgrund verstreut.
Als dann das Team eingetroffen war, machten wir in bewährter Weise mit Kapitän Günter Hayer die 'Galiote' in Bonifacio klar und legten uns über der Fundstelle in der ruhigen Bucht von Santa Manza fest. Das Team bestand aus Dipl.-Ing. Christian Beck (erste Woche), Dr. Mario Galasso, Dipl.-Ing. Gerd Knepel, Dipl.-Ing. Frank Lappe, Dipl.-Ing Frank Lechner, Sabrina Lorenz, Dipl.-Ing. Jürgen Nickel, Dr. Mario Palermo, Dipl.-Ing. Wolfgang Schultheis, Dr. Klaus Storch, Günter Waigand und mir.
Auf der Grundlage der Sonarauswertung haben wir dann drei Suchschnitte geplant und schließlich unter Wasser abgesteckt. Sie sollten zum einen die Ausdehnung der Ladung und zum anderen den Charakter des Wracks erbringen. Das Arbeitspensum war für die vorgesehenen 14 Tage gewaltig und in der Regel arbeiteten wir mit dem Airlift und der Wasserstrahlpumpe gleichzeitig. Die Wasserstrahlpumpe, mit den eigens für die DEGUWA entwickelten Titanpumpen der Firma Grundfos, hatte sich ja schon vor zwei Jahren bestens bewährt. Das ununterbrochene Arbeiten brachte mit sich, dass stets drei bis vier Leute entweder unter Wasser oder auf der Plattform waren und wir nie gemeinsam Mittag essen konnten. Das strapazierte unseren Koch doch sehr, der uns nicht ohne ein vernünftiges Mittagessen tauchen lassen wollte. Der Dank geht an Rüdiger für seine Geduld!
Die Schnitte 1 und 2, die vom Zentrum zum Nord- bzw. Südrand der Ladung gelegt waren, erbrachten im Großen und Ganzen das Erwartete. In und unter einer dicken Lage von Seegras befand sich die keramikführende Schicht, die unsere catinelle, die Keramik von Montelupo, enthielt. Darunter, bis zu einer Tiefe von etwa 1,80 m war der Boden fundleer. Das zeigt, dass hier nur dieses eine Schiff gescheitert ist und wir keine kontaminierte Fundstelle vor uns haben. Die Überraschung kam jedoch unterhalb der keramikführenden Schicht und zwar unmittelbar unterhalb: dort folgte eine dicke Packung von Schneckenhäusern über den gesamten Bereich der Ladung. Außerhalb der Ladung kamen diese Schnecken zwar auch vor, aber bei Weitem nicht so dicht wie im Bereich der Ladung. Praktisch war es eine etwa 20 Zentimeter dicke Schicht mit Schneckenhaus an Schneckenhaus. Biologisch handelte es sich um den Typ cerithium vulgatum, der häufig im Mittelmeer vorkommt und auch an der Stelle nicht ungewöhnlich ist. In irgendeiner Beziehung müssen jedoch Schnecken und Ladung stehen. Entweder sie waren selbst Teil der Ladung - und es gibt Beispiele für die Verwendung von Schnecken im medizinischen Bereich sowie im Handwerk zur Herstellung von Farben - oder an der Ladung gab es etwas so Interessantes und Schmackhaftes, dass sich hier Generationen von Schnecken versammelt haben um es allmählich aufzufressen. Über welchen Zeitraum sich die Abertausende von Schnecken verteilen, wissen wir noch nicht. Das Alter einiger ausgewählter Schneckenhäuser wird zurzeit labortechnisch bestimmt. Noch tappen wir aber bei der Deutung des “Schneckenfundes” im Dunkeln und sind für Hinweise dankbar.
Wie geht es weiter? Die DEGUWA plant noch eine letzte Kampagne in Santa Manza durchzuführen, bei der die noch offenen Fragen geklärt werden sollen. Dabei soll es vor allem um das Schiff, sprich das Wrack gehen, von dem wir zwar den Ort, aber noch keine Teile haben. Vielleicht ist der Schiffstyp zu klären.